(Gryllodes sigillatus)

Kurzflügelgrillen sind ein hervorragendes Futtertier. Ich züchte sie seit 1988. Hauptargumente:

  • Geckos fressen diese Grillen ausgesprochen gerne. Sie sind weicher als Heimchen und sie hopsen genauso schön herum und lösen damit den Jagdreflex aus.
  • Kurzflügelgrillen können sich in Wohnräumen nicht vermehren (siehe Nachzucht weiter unten im Text). Die für mich unverständlich so beliebten Heimchen (ich habe es versucht!) bilden bei Entweichen nur weniger Tiere schnell Populationen in Wohnräumen. Klingt schön beim Zirpen, ist aber sehr unhygienisch. Und man wird sie sehr schwer wieder los.
  • Kurzflügelgrillen sind Allesfresser. Gibt man ihnen im Haushalt anfallende frische Essensreste wohldosiert unter Schimmelvermeidung – von Resten und Abschnitten von Obst oder Gemüse bis abzunagende Hähnchenknochen bei Carnivor-Haushalten – erhält man ein aufgepepptes sehr gesundes Futtertier, kostenlos.
  • Im Terrarium beim Verfüttern entwichene Grillen können zwar dort in Grenzen Nachwuchs entwickeln, ich hatte jedoch noch nie Probleme mit explodierenden Populationen oder Schädigungen an Pflanzen oder Einrichtung. Bei Schaben habe ich davor großen Respekt (siehe dort).
  • In der DDR gab es kaum Auswahl an exotischen Futtertieren. Zu dieser Zeit in der BRD aber auch nicht, glaube ich. Wir haben diese Grillen geliebt damals. Und ich liebe sie heute noch.
  • Richtet man einen entsprechenden Zuchtbehälter ein, der im Wohnraum platziert werden kann, hat man ein wunderbar beruhigendes Zirpen im Haus. Wir hatten das früher jahrelang im Schlafzimmer – es war wunderschön.

Die Größe der Tiere bewegt sich von 1 mm und kleiner als Drosophila bei frisch geschlüpften Grillen bis etwa 3 cm bei adulten. Die Männchen haben zwei kurze Flügeldecken am Rücken, mit denen sie zirpen können. Die kräftigeren und größeren Weibchen haben eine etwa 2 cm lange Legeröhre am Hinterleib für die Eiablage. Alle Entwicklungsstadien haben kräftige Sprungbeine, die auch intensiv genutzt werden.

Weil hier bei richtiger Handhabung ständig große Mengen winzigster Babygrillen verfügbar sind, eignen sich Kurzflügelgrillen gut als Aufzuchtfutter auch kleiner Terrarientiere. Nach meiner Erfahrung sind diese Grillenbabys viel leichter zu gewinnen und zu handhaben als selbst flügellose Drosophila, zum Beispiel weil sie nicht an Glas oder Kunststoff empor laufen können.

Zuchtboxen

Für meine Kurzflügelgrillen verwende ich als Zuchtbehälter die unter => Futterschrank beschriebenen Kunststoffboxen.

Als Einrichtung eignen sich die auch schon beschriebenen Eierkartons sehr gut. Diese Trays lassen sich sehr leicht zurecht schneiden. Ich stelle mehrere senkrecht parallel, weil dann Unrat besser nach unten fällt. Zwei kleinere lege ich flach obenauf, um damit später Grillen zu ernten.

Bodengrund kommt nicht in die Boxen!

Weitere Einrichtungsgegenstände sind ein Tonschälchen oder ein Stück Eierkarton zur Aufnahme von Trockenfutter, ein Tonschälchen für Nassfutter und eine Tränke. Nach verschiedenen Experimenten nutze ich eine große Vogeltränke mit einem kleinen Wattebausch. Das ist am Besten zu Reinigen, einzusehen und nachzufüllen, und die permanenten Zerstörversuche der Grillen verlaufen am schadärmsten. Der Wattebausch verhindert das Ertrinken von Grillenbabys und erleichter die Wasseraufnahme. Das einzig komplizierte ist der Eiablage-Behälter.

Eiablage

Die Grillen benötigen ein Substrat von sandiger, aber lockerer Konsistenz. Es darf sich nicht zu schnell verfestigen, weil sie mit ihren Legeröhren tief in das Substrat eindringen müssen. Dabei muss das Substrat dauerhaft leicht feucht bleiben. Nach vielen Experimenten nutze ich seit Jahrzehnten eine Mischung aus frischem Torfmoos und sauberem, scharfem Flusssand ohne Feinanteile wie Lehm. Dieses Substrat behält mindestens ein halbes Jahr lang ausreichende Lockerheit und muss erst dann ausgetauscht werden bzw. spätestens wenn zu starke Verfestigung festgestellt wird (Grillen können mit ihren Legeröhren nicht mehr eindringen).

Wer keinen Zugang zu einer der beiden Mischsubstanzen hat experimentiere mit anderen, vergleichbaren Substraten. Frisches Torfmoos findet sich in der Regel beim Waldspaziergang. Je nach Region und Wald. Die Entnahme ist zwar nicht erlaubt, der Förster wird da aber nur milde lächeln weil wir nur eine kleine Handvoll im Jahr brauchen.

Für die erfolgreiche Eizeitigung gibt es zwei entscheidende Faktoren: Die Feuchtigkeit darf nicht ausgehen. Austrocknen – auch kurzzeitig – führt zum Absterben der Gelege. Und die Temperatur darf nicht unter 20°C sinken. Auch das führt zum Absterben der Gelege.

Beide Faktoren zusammen machen die Grille als Haustier sympathisch, weil sie eine Vermehrung entflohener Tiere in der Wohnung unmöglich machen. Bei der Zucht sind sie zu beachten.

Das Temperaturproblem lässt sich relativ einfach lösen (siehe Schilderungen unter => Futtertierschrank). Beim Feuchtigkeitsproblem habe ich lange experimentiert und folgende Lösung entwickelt:

Ich nutze ein Keramikgefäß von ganz grob 8 cm Durchmesser und etwa ebensolcher Höhe. Es wird mit dem Substrat gefüllt, leicht angedrückt. Für die Befeuchtung nutze ich eine 0,33 l Steinie-Bierflasche. Woher soll man so etwas bekommen? Vielleicht trinkt ja der Nachbar gern Bier. Diese Flaschen haben genau die richtige Form, Größe und Beschaffenheit. Das dunkle Glas verhindert ein Veralgen des Wassers, erlaubt aber laufende Wasserstandskontrolle. Die Flaschen sind gedrungen und kurz und passen in den Zuchtbehälter. Längere Flaschen wären viel zu kopflastig. Und 0,33 l Inhalt reicht mind. 4-6 Wochen lang für die Befeuchtung des Substrates.

Für die Flaschen bastele ich eine Art Ständer – ein Dreibock aus Draht gebogen, oder ein Dreieck aus Blech, in der Mitte ein etwa 4 cm großes Loch für die Aufnahme der Flasche, die Ecken nach unten gebogen als drei Beine. Dieses Gestell wird in das Substrat gesteckt. Die mit Regenwasser gefüllte Flasche wird anschließend von oben in Gestell und Substrat gerammt bis sie etwa 2 cm tief darin versinkt.

Dieses Konstrukt stelle ich in den Zuchtbehälter und versehe es noch mit einem Laufsteg – ein Zweig der vom Substrat bis in die Eierkartons ragt – weil die Keramiktöpfchen meist glasiert sind und damit den Weibchen den Zugang verwehren, sie können das Gefäß nicht erklettern.

Keramik statt Plastik verwende ich, weil die Konstruktion sehr kopflastig wird und etwas Fußschwere vertragen kann, damit sie nicht bei jeder Bewegung der Zuchtbox umfällt. Was fatal wäre. Es dauert ziemlich genau 4 Wochen, bis nach der ersten Eiablage die ersten Babygrillen im Behälter umher laufen.

Fütterung

Kurzflügelgrillen sind Allesfresser. Je abwechslungsreicher und vitaminreicher man sie füttert, umso wertvoller werden sie als Futter unserer Terrarientiere. Als Grundfutter verwende ich die gleiche Futtermischung wie für die Schaben.

Dafür mixe ich mir regelmäßig einen Vorrat aus Weizenkleie, Haferflocken, Trockenmilchpulver und Teichflocken (Fischfutter). Das ist alles sehr preiswert zu bekommen und wird sehr gern gefressen. Regelmäßig ergänze ich dann ein paar Brocken Katzen-Trockenfutter (Fleisch-Protein) und wechselndes Nassfutter wie Löwenzahn (calziumreich), Obststücken, oder Gemüse – so wie es als Reste im Haushalt sowieso anfällt. Beim Nassfutter ist darauf zu achten, dass die Menge in 1-2 Tagen verbraucht sein muss um Schimmel zu vermeiden. Ich füttere Obst im beschriebenen Tonschälchen. Die Tonschälchen lassen sich leicht austauschen und reinigen. Unglasiert sind sie, um den Babys das Erklimmen und Fressen zu ermöglichen. Man kann auch Geflügelknochen abnagen lassen usw. Die fertige Box platziere ich so, dass die Temperatur dauerhaft zwischen 25 und 30 °C liegt. Die Grillen kommen auch mit 35 °C sehr gut zurecht. Allerdings werden sie immer lebhafter, je wärmer sie gehalten werden (Umherspringen bei Entnahme) und vermehren sich auch immer schneller. Beleuchtung ist nicht nötig, schadet aber auch nicht wenn ohnehin vorhanden. Das ist alles. Siehe auch > Futtertierschrank.

Entnahme und Verfütterung

Für die „Ernte“ entnehme ich die beiden obenauf liegenden Eierkarton-Stücken vorsichtig und klopfe den Grillenbesatz in einer weiteren Kunststoffkiste komplett ab. Hier ist Vorsicht geboten, weil die Grillen sofort beginnen, in alle Richtungen davonzuspringen. Um die Tiere zu sortieren und die gewünschten Größen auszuwählen stelle ich die Entnahmekiste (nicht die Zuchtkiste!) ein paar Minuten kühl. Die Grillen werden dann träge und springen nicht mehr. Mit einem Pinsel lassen sie sich nun leicht sortieren und dosieren.

Zu beachten ist die Dichte des Besatzes in der Zuchtbox. Wegen der sehr hohen Vermehrungsrate nimmt der Bestand schnell zu. Wie bei den Schaben verfüttere ich meinen Überbesatz an die Hühner, da mir in meinem Umfeld weit und breit keine Terrarianer bekannt sind, denen ich eine Freude machen könnte.

Gesamtaufwand & Zusammenfassung

Bei den Grillen kommt man bei richtigem Besatz mit größeren Reinigungsintervallen für die Boxen zurecht als bei Schaben. Je nach Dichte reicht das alle 2-3 Monate. Man kann das auch noch weiter strecken indem man einfach regelmäßig mehr Tiere entnimmt.

Regelmäßiger Arbeitsaufwand Kurzflügelgrillen:

  • Alle 3 – 7 Tage Tränke Auffüllen (Bei Urlaub einfach 2 reinstellen)
  • Alle 3 – 7 Tage Trockenfutter ergänzen (Bei Urlaub einfach mehr)
  • Je nach Anfall Nassfutter reichen (fällt bei mir täglich an)
  • Regelmäßig Wasserstand für den Eibehälter kontrollieren. Auffüllen ist alle 1-2 Monate nötig.
  • 1 x alle 2-3 Monate Behälter reinigen

Entscheidend für alle Pflegemaßnahmen ist die Populationsdichte. Je nach Bedarf kann man die Geschwindigkeit im Bereich von 25°C bis 38°C sehr stark beeinflussen. Darüber habe ich noch nicht getestet. Unter 20°C geht nichts.

Man kann also selbst bei sehr großem Bestand an eigentlichen Terrarientieren mit nur einer Zuchtbox zurecht kommen. Es soll ja auch nicht bei jeder Fütterung Grillen geben.

Am wichtigsten finde ich den permanenten Zugriff auf die Babygrillen als Jungtierfutter.